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Privat-Praxis Dr. Zeller
Diplom-Psychologe
Psychologischer Psychotherapeut
Fragen und Antworten (FAQs)


Liegen psychische Erkrankungen eher an den Genen oder eher an der Erziehung und kritischen Erlebnissen in der Kindheit?

Welche Rolle spielt die Gegenwart?



Der Streit zwischen Erbe (Vererbung) und Umwelt ist ein alter, welcher bis heute nicht zufriedenstellend gelöst wurde. Mit "zufriedenstellend" meine ich dabei die Möglichkeit einer einfachen Aussage wie z.B. "Bei Person X liegt ihre psychische Erkrankung Y zu 40% an ihren Genen und zu 60% an ihrer schlechten Kindheit".

Eine solche Aussage wird sich nie treffen lassen, denn das Wechselspiel von Erbe und Umwelt ist viel komplexer, als wir bisher ahnen. Neueste Forschungsergebnisse legen sogar nahe, dass die persönlichen Erlebnisse eines Menschens tatsächlich sein Erbgut verändern können, welches er dann wieder an seine Kinder weitergibt - etwas, was bisher undenkbar schien.

Zwillingsstudien haben nachgewiesen, dass es für fast alle psychischen Erkrankungen wie z.B. Angststörungen, Depressionen und Schizophrenie genetische Ursachen gibt. Ebenso allerdings auch für Merkmale, die dazu beitragen, eine Karriere als Verbrecher einzuschlagen oder eine glückliche Ehe zu führen. Darüber hinaus gibt es eine Menge bisher nur spekulativer Forschung: Neben der ständigen (bisher erfolglosen) Suche nach dem "Schwulen-Gen" wird neuerdings sogar ein "Gottes-Gen" postuliert, welches dazu führen soll, dass ein Mensch gläubig ist.

Ist unser Schicksal also genetisch vorgezeichnet? Heißt das auch, dass wir daran ohnehin nichts ändern können? Haben wir gar überhaupt keine Verantwortung für unser Handeln, weil es uns ja in die Wiege gelegt wurde?

Dem ist ganz sicher nicht so: In gängigen Zwillingsstudien war es bei eineiigen Zwillingen (und weitgehend identischer Erziehung) meist nicht einmal bei 50% der Zwillinge der Fall, dass beide die gleiche psychische Erkrankung aufwiesen oder ähnliche Lebensentscheidungen trafen. Weiter gilt die Erkrankung der Schizophrenie als hoch genetisch bestimmt, dennoch finden sich bei etwa 80% der schizophren erkrankten Patienten keine Vorfahren mit dieser Erkrankung.

Es gibt muss also eine Menge weiterer Faktoren geben. Neben biologischen Schädigungen (z.B. durch negative Einflüsse auf die Entwicklung eines Kindes während der Schwangerschaft) deutet dies auf die ebenfalls hohe Bedeutung der Umweltfaktoren hin: Die Prägung in der Kindheit, traumatische Erlebnisse, aber auch aktueller Alltagsstress tragen nachweislich zu psychischen Erkrankungen bei.

Es ergibt sich folglich ein multikausales Modell (ein Modell mit vielen Ursachen): Gene, biologische Schäden und frühe Kindheitserfahrungen können eine Verwundbarkeit oder Anfälligkeit für eine spezifische psychische Erkrankung bilden. Ob diese allerdings ausbricht, liegt vor allem an der Gegenwart und jüngeren Vergangenheit. Überfordernder Alltagsstress, ungünstiger Umgang mit Herausforderungen, ungünstige Lebensentscheidungen und -überzeugungen (hier kommt der freie Wille ins Spiel) und aktuelle emotionale Belastungen bilden häufig den unspezifischen Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt: Die Krankheit bricht aus. Dieses Modell nennt sich Vulnerabilitäts-Stress-Modell oder Dispositions-Stress-Modell (was Verwundbarkeits-Stress-Modell bzw. Veranlagungs-Stress-Modell bedeutet). Es ist heute weithin wissenschaftlich akzeptiert, wenn auch leider nicht immer präzise genug, wenn es um den Einzelfall geht.

Denn: Ob nun die Gene oder die frühe Kindheit stärker zur Verwundbarkeit beigetragen haben, lässt sich im Einzelfall - zumal in der Rückschau - meist nur schwer sagen. Lediglich generell lässt sich (nach allem, was wir bisher wissen) behaupten, dass beispielsweise die Schizophrenie durchschnittlich einen deutlich höheren genetischen Anteil hat, als eine Trauma-Erkrankung. Diese Verwundbarkeit bedeutet jedoch keinesfalls, dass die Krankheit im Einzelfall ausbrechen muss: Ein vererbter "schlechter Rücken" führt nicht zwangsläufig zu einem Bandscheibenvorfall - es kommt darauf an, wie sich die Belastungen gestalten.

In der modernen Psychotherapie geht es nun zunächst um eine individuelle Analyse, um herauszufinden, welche Belastungen eine Krankheit ausgelöst haben und welche Belastungen diese aufrechterhalten. Weiter werden Strategien eingeübt, wie diese Belastungen besser abgepuffert oder vermieden werden können - auch mit Hilfe der Ressourcen (Stärken) einer Person. Allerdings lässt sich auch die Verwundbarkeit selbst abmildern, z.B. durch gesundheitsförderliches Verhalten ("Krankengymnastik" im psychischen Bereich - um beim Beispiel des Rückens zu bleiben). Manchmal kann hierbei auch prophylaktische Medikation helfen.


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